Anna Hoffmann Business Consulting und Facilitation

 Annas Blog - Wertschöpfung

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22 Februar, 2018

Zukunftsforscherische Unternehmen

Zukunftsforscherische Unternehmen sind Organisationen, die sie sich von einem selbstentwickelten, positiven Zukunftsbild leiten lassen, aus diesem Zukunftsbild Handlungsaufträge für das eigene Unternehmen ableiten und ihre gesamte Organisation konsequent auf die Umsetzung dieser Handlungsaufträge ausrichten.
Friederike Müller-Friemauth, Professorin am Forschungszentrum für technologie- und Innovationsmanagement, hat Antworten darauf gefunden, wie Organisationen in einer Welt des ständigen Wandels Stabilität und langfristige Tragfähigkeit finden können:
„Radikales Zukunfts- und Changemanagement bedeutet, dass man selbst zum Gestalter wird, der Ereignisse schafft. […] Solche Unternehmen beginnen eine eigene Evolution.“ (1)


Die Herausforderungen unserer Zeit sind zusammengefasst in dem Begriff VUKA-Welt: Volatilität (= häufige, schnell umzusetzende Veränderungen), Unsicherheit (=abnehmendes Maß an Vorhersagbarkeit von Ereignissen), Komplexität (= steigende Anzahl von unterschiedlichen Verknüpfungen und Abhängigkeiten) und Ambiguität (= Mehrdeutigkeit der Faktenlage). Um sich von diesen äußeren Ereignissen unabhängig zu machen, sollten Unternehmen eine eigene Definition einer wünschenswerten Zukunft entwickeln und sich dann fragen, was ihre Organisation zu dieser lebenswerten Zukunft beitragen kann.


„Intelligenz heißt, die richtigen Antworten zu geben. Wichtiger aber ist es, die richtigen Fragen zu stellen. Dass verlangt eine unterschätze Kraft: Kreativität.“(2) Für den Neurowissenschaftler Henning Beck sind Pioniere und Wegbereiter nicht nur intelligent, sie müssen auch neugierig, furchtlos, bereit zu Fehlern, adaptiv und kreativ sein: Denn nur wer verrückte Ideen zulassen kann, kann neue Welten erobern.


„In Zukunftsforscherische Unternehmen geht es primär um die Macht einer Idee.“(3) Diese Zukunftsidee wird in einem MTP festgehalten, dem Massive Transformative Purpose – einer anspruchsvollen, gesellschaftlich transformierenden Zweckbestimmung als Orientierungspunkt: Worin liegt der Sinn unseres Handelns? Der MTP löst das klassische Leitbild ab, denn MTPs sind so robust und flexibel, dass sie auch unter VUKA Bedingungen stark motivieren und begeistern.


Zukunftsforscherische Unternehmen sind als Netzwerk organisiert und funktionieren durch Selbstorganisation und Autonomie. Die Führung ermöglicht allen Mitarbeitenden die besten Bedingungen für eigenes Denken, Entscheiden und Handeln sowie persönliches Wachstum. Dadurch können Mitarbeitende auf eine bislang unbekannte, innovative und effektive Weise zum MTP beitragen.
Als Orientierung für die unternehmerische Entwicklung dienen OIEs (Orthogonal Information Effects – die Beachtung scheinbar peripherer Daten [siehe Taleb]) und ermittelte Veränderungslogiken in der eigenen Branche, dem allgemeinen Umfeld und aus den Rändern fremder Märkte. Dadurch werden zukunftsforscherische Unternehmen selbst zu Trendsettern.

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1 „Führen im Futur II“, Friederike Müller-Friemauth, managerSeminare 3/2018, S.23
2 „Mut zum Fehler“, Hennig Beck, Spiegel Wissen 4/2017, S.107
3 „Führen im Futur II“, Friederike Müller-Friemauth, managerSeminare 3/2018, S.24

22 Oktober, 2016

Wertschöpfung durch Lernen aus Erfolg

Francesca  Gino und Gary Pisano postulieren, dass überraschenderweise gerade Erfolg eine  Ursache für späteren Misserfolg von Unternehmen sein kann.1  Die Fähigkeit, aus Fehlern  zu lernen, wird allgemein als ein wichtiger Faktor für die organisationale  Weiterentwicklung gesehen. Doch die Fähigkeit, aus Erfolg zu lernen, kann eine  noch bedeutendere Herausforderung für das langfristige Wachstum des Unternehmens  darstellen.

Erfolg  verleitet dazu, sich vermehrt auf das Gewinnen statt auf das Lernen zu  fokussieren. Vorliegende Informationen und Daten werden im Fall des Misserfolgs  ausgewertet, um festzustellen, was falsch gelaufen ist. Im Erfolgsfall werden selten  Analysen durchgeführt, um die Gründe für den Sieg genauer zu bestimmen. Dadurch  bleiben elementare Quellen der Wertschöpfung ungenutzt, denn durch die Analyse  des eigenen Erfolgs können wertvolle  und  in der Regel leicht umsetzbare Erkenntnisse für zukünftige Erfolge gewonnen  werden.

Folgende Faktoren  erschweren nach Gino und Pisano das Lernen aus Erfolg:

  • Fundamentale Zuschreibungsfehler  (fundamental attribution errors):
    Im Erfolgsfall wird der Erfolg den eigenen Einsichten, Strategien, Talenten,  Managementfähigkeiten und aktuellen Modellen zugeschrieben. Der nicht  unerhebliche Einfluss von hilfreichen Zufällen oder positiven Umweltbedingungen  wird zu wenig beachtet. Erfolg kann deshalb blind machen für Schwächen und  Probleme in der aktuellen Strategie oder der Unternehmenskultur.
    Umgekehrt wird bei der Analyse der Erfolgsfaktoren der Konkurrenz die Bedeutung  von Management und Strategien heruntergespielt, während externen Faktoren wie  Glück oder günstigen Umständen viel Gewicht beigemessen wird. In der Forschung  ist das als klassisches menschliches Verhalten nachgewiesen.
    Generell fällt es den meisten Menschen schwer, die Relevanz von  Rahmenbedingungen für den Erfolg oder Misserfolg einer Sache richtig  einzuschätzen. Erfolg in einem leichten Umfeld erscheint oft beeindruckender  als das Überleben in einem schwierigen Umfeld, obwohl das Überleben in einem  Krisensektor vielleicht mehr Fähigkeiten und Talent erfordert.
  • Wahrnehmungsverzerrung durch zu viel  Selbstvertrauen (overconfidence bias):
    Durch den Erfolg steigt die Selbstsicherheit. Deshalb kann Erfolg dazu verleiten, der eigenen Urteilskraft zu viel  Bedeutung beizumessen. Fehler in den eigenen Entscheidungen werden dann nicht  wahrgenommen. Auch wenn der Glaube an sich selbst viele gute Seiten hat, kann  ein Zuviel an Selbstvertrauen jede Form von Veränderung  unnötig erscheinen lassen.
    Denn dadurch kann sich eine gefährliche Tendenz entwickeln, kritische Stimmen  oder schlechte Nachrichten zu ignorieren. Die Folgen sind übersehene Chancen  für Innovationen, wachsende Qualitätsprobleme, absinkende Kundenzufriedenheit,  eine zu hohe Risikobereitschaft und eine Ignoranz gegenüber wichtigen  Marktveränderungen.
  • Versäumnis, nach den Ursachen zu forschen  (failure-to-ask-why syndrom):
    Im Erfolgsfall besteht die Tendenz, die Gründe für eine gute Performance nicht  systematisch durch eine ausreichende Reflexion zu untersuchen. Man geht davon  aus, das alles benötigte Wissen und relevanten Informationen zur Verfügung  stehen. Das kann sowohl in Teams als auch in der Führungseben dazu führen, das  wichtige oder heikle Fragen nicht gestellt werden. Falsche Annahmen über die  Ursachen von Erfolg werden so nicht revidiert werden.


Lösungsmöglichkeiten zum  gezielten Lernen aus Erfolg bestehen in der geplanten und systematischen  Reflexion von abgeschlossenen Projekten. Im US-Militär wird dazu das Format  "After-Action Reviews" (AARs) eingesetzt. In dem Format werden vier  grundlegende Fragen gestellt: Was hatten wir geplant? Was ist tatsächlich  passiert? Warum ist es passiert? Was lernen wir für die Zukunft?
Auch bei der Beurteilung  einzelner Mitarbeiter ist es wichtig, nicht nur schlechte Performance genauer  zu analysieren. Die Ursachen für erfolgreiche oder exzellente Performance zu  untersuchen, kann wichtige Lektionen für andere Mitarbeiter zu Tage treten  lassen.
Die innovative  Filmschmiede Pixar, ein potentieller Kandidat für „Nicht-Lernen wegen  konstantem Erfolg“, führt mit den Postmortems konsequent Rückblicke der  abgelaufenen Prozesse durch. Dabei werden an das Team Reflexionsfragen gestellt  wie: "Was sind die wichtigsten fünf Punkte, die Sie auf alle Fälle wieder so  machen würden?" und "Welche fünf Punkte würden Sie auf keinen Fall  wiederholen?" Ergänzend werden über  alle Aspekte der Produktion Daten gesammelt, die dazu genutzt werden,  persönliche Einschätzungen über organisationale Herausforderungen abzugleichen  und Diskussionen anzuregen. Zusätzlich werden Reviews auf der Metaebene  abgehalten, in denen über den Ablauf von mehreren Produktionen reflektiert  wird. Diese Reviews werden nach Möglichkeiten von jemandem geleitet, der die  Perspektive eines Außenstehenden einbringt.


    1 Gino, Francesca  und Pisano, Gary (2011): "Why leaders don`t learn from success", in "Harvard  Business Review", 4/2011

22 Oktober, 2016

Wertschöpfung aus Störungen und Problemen

Amy Edmondson und Anita Tucker haben in der Studie „Why Hospitals don`t learn from failures“1 die Voraussetzungen für Wertschöpfung durch Organisationales Lernen in amerikanischen Kliniken untersucht. Ihre Ergebnisse sind auf andere Dienstleistungsunternehmen übertragbar, die ebenfalls unter hohem Zeit- und Kostendruck exzellente Ergebnisse für ihre Kunden liefern müssen. 
In den Kliniken wurde in der Vergangenheit die Arbeitsleistung einzelner Ärzte und Schwestern als Garantie für einen hohen Qualitätsstandard gesehen. Zunehmend rückt jedoch die systematische Verbesserung der Gesamtorganisation, der Unternehmenskultur, der Strukturen und Arbeitsprozesse in den Vordergrund, um Mängel in der Versorgung der Patienten zu beheben. Nicht die Performanceleistung einzelner, sondern die Performance der gesamten Organisation gewährleistet langfristig einen optimalen Qualitätsstandard und hohe Kundenzufriedenheit.
Die Fähigkeit zum Lernen aus Fehlern und Problemen stellt einen fundamentalen Baustein für das Qualitäts- und Wissensmanagement dar.  Dabei wurde in der Studie von Edmondson und Tucker deutlich, dass nicht Fehler, sondern wiederkehrende Probleme und Störungen in den Arbeitsabläufen eine besonders gewinnbringende Quelle für nachhaltige Optimierungen in den Prozessabläufen darstellen.
Fehler wurden in dem Zusammenhang als falsch oder unnötig ausgeführte Aufgaben definiert, die durch bessere Informationsflüsse hätten vermieden werden können. Probleme werden von Edmondson und Tucker als eine Störung in den aktuellen Arbeitsprozessen verstanden, die die Ausführung einer anstehenden Tätigkeit verhindern. Probleme sind deshalb besonders gute Ressourcen für Qualitätssteigerung und Prozessoptimierung, weil Mitarbeitende Probleme bewusst wahrnehmen und rückmelden können, während sie sich über gemachte Fehler oft im Unklaren sind.
Die Mitarbeiter der von Edmondson und Tucker untersuchten Kliniken hatten die Befugnis, akute Probleme nach eigenem Ermessen zu lösen. Eigenständiges, selbstverantwortliches Handeln war ein wichtiger Bestandteil der Arbeitsplatzdefinition. Doch das Verhindern von Fehler und die Reduktion von Problemen erfordern den Einsatz der leitenden Ebene.
Fehlendes organisationales Lernen führt dazu, dass dieselben Probleme immer wieder auftauchen, und stets von neuem gelöst werden müssen. Das situative Lösen der anfallenden Probleme durch einzelne Akteure funktioniert nur auf den ersten Blick gut. Langfristig führt es gerade bei den engagierten und besonders fähigen Mitarbeitern zu Frustration, Demotivation und Burnout, denn das beständige Beseitigen wiederkehrender Problemlagen kostet viel Zeit und Kraft.
Durch die Erschöpfung sinkt die Bereitschaft, beobachtete Probleme an die höhere Managementeben weiterzuleiten, wodurch die Chance auf nachhaltige organisationale Lernschritte und langfristige Lösungsstrategien vertan wird. So bleibt die Quote der latenten Fehler und Problemlagen bestehen und die Organisation verliert in der Gesamtsumme beständig Zeit, Kraft, Engagement und Qualität.
Um langfristige Veränderung zu initiieren, müssen Interventionen auf der Managementebene erfolgen. Edmondson und Tucker nennen die Stufe des organisationalen Lernen „second-order problem solving“ im Gegensatz zum „first-order problem solving“, in der die Problemlösung nur als singuläres Ereignis auftritt.
Edmondson und Tucker halten für ein „second-order problem solving“ folgende organisationale Maßnahmen für notwendig:

  1. Leitende Mitarbeiter sollten zeitnah für Rückmeldungen zugänglich sein: Persönliche Präsenz erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Rückmeldung über gelöste Probleme an die leitende Ebene. Mögliche oder nötige Verbesserungen in den Arbeitsprozessen können so identifiziert und umgesetzt werden.
  2. Die Mitwirkung der leitenden Mitarbeiter reduziert den Zeiteinsatz der Mitarbeitenden bei der Beseitigung von Störungen und führt zur schnelleren Wiederherstellung der nötigen Performance.
  3. Das Lösen der Problemlagen auf einer Metaebene dient als Rollenvorbild für die Mitarbeitenden und erzieht zu dem gewünschten Mindset, identifizierter Problemlagen an der Wurzel zu beheben.
  4. Damit organisationales Lernen auf der Metaebene möglich ist, dürfen Mitarbeitende keine Angst davor haben, für das Melden von Fehlern oder Problemen persönlich herabgesetzt oder bestraft zu werden. Das Management kann entscheidend dazu beitragen, dass Mitarbeiter das Risiko auf sich nehmen, Störungen an die vorgesetzt Eben weiter zu melden, indem sie Mitarbeitenden aktiv einladen, ihre Bedenken zu äußern. Ein extra warmherziges und freundliches Auftreten ist nicht explizit notwendig.
  5. Um der persönlichen Fehlbarkeit den Schrecken zu nehmen, sollten auch Vorgesetzte eigene Fehler zugeben können und mit gutem Beispiel vorangehen. Dadurch kann eine Arbeitsatmosphäre entstehen, in der Mitarbeiter sich sicher und wertgeschätzt fühlen.
    (Etablierung eines „psychologically safe work environment“)
  6. Die leitende Ebene sollte auf gemeldete Störungen zeitnah reagieren, indem Verbesserungen initiiert werden, durch die die Anzahl der regelmäßig auftauchenden Probleme nachhaltig reduziert werden. Dafür kann eine bereichsübergreifendes Zusammenarbeit notwendig sein, die einzelne Mitarbeiter allein nicht leisten können.
  7. Positive Veränderungen motivieren andere Mitarbeitende dazu, zum organisationale Lernen im Rahmen eines „second-order problem solving“ beizutragen. Dadurch können neue Verhaltensweisen in die Unternehmenskultur etabliert werden. Umgekehrt, wenn Rückmeldungen von Störungen keine sichtbaren positiven Veränderungen zur Folge haben, werden auch engagierte Mitarbeitende in Zukunft keine Risiken und Mühen mehr auf sich nehmen, um Problemlagen zu melden.
  8. Auf der Managementeben muss sich das Bild des idealen Angestellten ändern, um organisationales Lernen mehr zu fördern. Folgendes Mitarbeiterverhalten sollte in der Unternehmenskultur explizit wertgeschätzt werden: Aktives Hinterfragen von Prozessen und Routinen, Rückmeldungen an die vorgesetzte Ebene über Störungen und Probleme, Hinweise auf Missstände in der Arbeitsumgebung, Eingestehen eigener Fehler, Suchen nach Optimierungsmöglichkeiten, auch wenn alles rund läuft.

Durch die genannten Maßnahmen entstehen zusätzliche Kosten durch das Freistellen von Mitarbeitenden zur Problemlösung auf der Metaebene, Zeiten für Gruppendiskussionen, die Implementierung von Verbesserungen sowie die Weiterentwicklung von Menschen und Arbeitsroutinen.
Analysen zeigen, dass diese Extrakosten durch die langfristige Reduktion von Fehlern und Problemen mehr als bezahlt machen. Neben dem Abbau von Systemfehlern und Ineffizienz wird auch die Burnout-Rate gerade der fähigen und engagierten Mitarbeiter nachhaltig abgesenkt. Zu den Zugewinnen des organisationalen Lernens gehören auch der Anstieg der Kundenzufriedenheit sowie der allgemeinen Arbeitsqualität.

Die genannten Bedingungen können auch für Teams optimale Voraussetzungen schaffen, um unter Zeit- und Kostendruck langfristig hohe Qualität zu leisten und optimale Projektergebnisse sicher zu stellen.


1 Edmondson, Amy und Tucker, Anita (2003): „Why Hospitals don`t learn from failures“, in „California Management Review“, Vol. 45, No.2, S. 55 - 72
16 September, 2016

Wertschöpfende Fähigkeiten für die nahe Zukunft

Der Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther orientiert sich in seiner Forschung an der Frage, welches Können in der Zukunft für die Gesellschaft relevant sein wird. Für ihn wird das Ansammeln und Erwerben von Wissen an sich in der Zukunft immer unbedeutender, weil durch die moderne Technik Wissen jederzeit verfügbar sein wird. In der Wissens- und Ideengesellschaft des 21. Jahrhunderts kann faktisches Wissen jederzeit abgerufen werden und muss nicht länger im Kopf zur Verfügung stehen.
Gebraucht werden wird dafür die Kompetenz, sich auf neue Herausforderungen einzulassen, unbekannte Probleme zu lösen (für die es keine Patentlösung von der Stange gibt) und die zu erwartende Vielfalt und Offenheit der Gesellschaft zu bewältigen.
Deshalb sind in der Zukunft bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten im Kontext des Lebenslangen Lernens gefragt:

  • Informationen müssen beurteilt und verstanden werden können:
  • Vorhandenes oder abgerufenes Wissen muss im beruflichen Alltag nutzbar gemacht werden können
  • Wissen muss angewendet werden können, das heißt in aktuellen Problemen zur praktischen Lösung verhelfen und dafür ggf. auch in andere Kontexte übertragen werden können
  • Aus bestehendem Wissen muss durch Verknüpfen mit neuen Erfahrungen und neuen Informationen neues Wissen generiert werden können

Die Fähigkeit zur angemessenen Beurteilung und zum ausreichenden Verständnis von Informationen ist schon jetzt oft dringend nötig, um der Informationsflut, die sich schon aus einer einzigen Internetsuche ergeben kann, nicht hilflos gegenüber zu stehen und das gefundene Wissen sinnvoll auswerten zu können. Genauso wichtig ist es, Meinungen und Gerüchte, die im Internet verbreitet werden, von Fakten und evaluierten Informationen unterscheiden zu können.
Um die intrinsische Motivation zum Mitdenken und Lernen zu wecken, sollten in Lernsituationen die Erkenntnisse der Neurobiologie stärker berücksichtigt werden. Nach dem aktuellen Stand der Forschung nach Hüther tragen folgende Voraussetzungen zu einer gehirngerechte Bildung bei:

  • Der Lerninhalt muss aus der subjektiven Sicht des Lernenden Sinn machen, er muss für ihn eine Bedeutung haben und für das persönliche Leben wichtig sein. Ob ein Außenstehender Lerninhalte für Wichtig erachtet, ist für den Lernerfolg irrelevant.
  • Der Lernprozess benötigt eine emotionale Beteiligung des Lernenden. Ohne emotionale Beteiligung werden Inhalte schlechter oder gar nicht verankert.
  • Die neu gewonnene Einsichten und Erfahrungen müssen im eigenen Alltag nützlich  und praktisch anwendbar sein. Der Mehrwert des Wissens muss für den Lernenden erkennbar sein. Der Lerninhalt muss einen konkreten Bezug zu seinem aktuellen Leben haben.
  • Durch den Erwerb von neuen Kenntnissen und Fähigkeiten müssen sich für den Lernenden klare Vorteile ergeben.

Eine wichtige Erkenntnis der Neurowissenschaften wird mit dem Begriff der Neuroplastizität bezeichnet. Damit ist die Fähigkeit des Gehirns gemeint, sich abhängig von den zu verarbeitenden Impulsen und Informationen immer wieder umzustrukturieren. „Lernen bedeutet langfristig die Änderung kortikaler Repräsentationen“.1 Die Lernfähigkeit des Gehirns bleibt lebenslang erhalten: „Weil das menschliche Hirn bis ins hohe Alter veränderbar ist, können auch ältere Mitbürger ihre Einstellungen und Haltungen noch verändern, wenn man ihnen die Möglichkeit bietet, tatsächlich neue Erfahrungen zu machen.“2

1 Spitzer,  Manfred (2006): „Lernen, Gehirnforschung und die Schule des Lebens“, Heidelberg

2 Hüther, Gerald (2016): „Mit Freude lernen ein Leben lang“, Göttingen

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